Der Norden Niedersachsens könnte Vorreiterregion für die Nutzung von Wasserstoffenergie werden – dafür engagieren sich der Energie­dienstleister EWE und das Wasserstoffnetzwerk Nordostniedersachsen (H2.N.O.N.). In einem Vortrag im Rahmen der Mobilitätswoche der Verdener Klimaagentur „kleVer“ stellten der EWE-Vertreter Hendrik Lüürs und Dr. Roland Hamelmann vom Wasser­stoff­netz­werk im letzten Herbst die Entwicklungen in diesem Bereich vor. Der Vortrag kann weiterhin als Youtube-Video in der Mediathek der Klimaagentur unter https://klever-unterwegs.de angesehen werden.
Taxis, LKW und Müllfahrzeuge
mit Wasserstoff antrieb
Beispiele gibt es bereits einige: In Oldenburg ist wasserstoffbetriebenes Taxi unterwegs, niedersächsische Firmen und Kommunen haben die ersten Wasserstoff-LKW und Müllfahrzeuge bestellt und der koreanische Autobauer Hyundai bietet die ersten Modelle mit Wasserstoffantrieb an, erläutert Lüürs gegenüber dem Överblick. Das Ganze sei jedoch ein „Henne-Ei-Problem“. Fehle die notwendige Infrastruktur, ist niemand bereit sich so ein Fahrzeug anzuschaffen, gibt es jedoch keine Abnehmer dafür, lohne es sich nicht, das Versorgungsnetzwerk auszubauen. Deshalb versuchen sowohl Lüürs als auch Hamelmann die Akteure aus diesem Bereich zusammenzubringen und eine Strategie zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in der Region zu entwickeln.
Stahlwerke als Großabnehmer in Bremen
Der Nordwesten biete gute Voraussetzungen hierfür, erläutert Lüürs in dem Vortrag für kleVer: An der Küste gibt es reichlich Windkraftenergie um molekularen Wasserstoff (kurz H2) produzieren zu können, außerdem Stahlwerke als Großabnehmer in Bremen und ein gut ausgebautes Gas-Pipeline-Netz, über das sich der H2 transportieren lässt. Kein Wunder also, dass in dieser Region sogar der erste Wasserstoffzug der Welt seinen Betrieb aufgenommen hat: Er verkehrt auf der Strecke zwischen Buxtehude und Cuxhaven.
Produziert wird Wasserstoff, indem Wasser mittels Elektrolyse in H2 und O gespalten wird. Der dazu benötigte Strom stellt sowohl ein ökonomisches als auch ökologisches Problem dar. Nur mit sogenanntem grünen Wasserstoff lässt sich tatsächlich ein positiver Beitrag zur Energiewende leisten. Wird dazu Wind­energie genutzt, so ist dies gleich im doppelten Sinne vorteilhaft. Das Ungleich­ge­wicht zwischen Er­zeugung und Ver­brauch er­neuerbarer Energien ist in der Küstenregion besonders ausge­prägt. Wasserstoff ist gut geeignet dieses Un­gleichgewicht zu glätten, ohne das Stromnetz in großem Stil ausbauen zu müssen.
Transport über das Gasnetz möglich
Er lässt sich ohne großen Zusatzaufwand über das Gas­netz zu den Verbrauchern transportieren. Auch eine Speicherung in Salzstöcken ist denkbar, aber technisch nicht ganz einfach. Daher testet EWE gerade in einem Forschungs­projekt im Brandenburgischen Rüdersdorf die Einlagerung von Wasserstoff in einer Testkaverne. Eine gute Lösung sei es auch, den Wasserstoff direkt vor Ort zu nutzen, z.B. durch Tanksäulen direkt bei den Windrädern.
Von einer weiteren H2-Nutzung, die sich derzeit in Planung befindet, berichtet Dr. Roland Hamelmann. In der Nähe von Osterholz soll 2025 eine Biogasanlage in Betrieb genommen werden, die H2 produziert, mit dem dann die Abfallfahrzeuge betankt werden. Sie sind dann in den Landkreisen Osterholz, Verden und Cuxhaven unterwegs und sammeln den Biomüll ein und sorgen so für Nachschub, um weiteren Treibstoff für sich und externe Nutzungen zu produzieren.
Wasserstoff und herkömmliche
Elektromobilität ergänzen sich
Insbesondere für solche Müllfahrzeuge oder schwere LKW stellt der brennstoff­zellen­be­triebene Elektroantrieb, der mit Wasserstoff arbeitet, einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem batterie­be­trie­benen Elektroantrieb dar. Denn je größer und schwerer das Fahrzeug, desto größer und schwerer muss auch die Batterie sein, um die gleiche Reichweite zu ermöglichen. EWE geht deshalb Hendrik Lüürs zufolge davon aus, dass beide Techniken in Zukunft je nach Gewicht des Fahrzeuges ihre Anwendung finden und ihren Platz im Mobilitätskonzept der Zukunft haben werden. (uc)