Jeden zweiten Mittwoch findet “Sing das Ding” als Online Stream statt
Jeden zweiten Mittwoch versammelt sich eine Gruppe von Menschen an rund 100 verschiedenen Orten vor ihren Bildschirmen, um trotz Lockdown und Veranstaltungsverbot ihrer Liebe zu Livemusik und fröhlichem Mitsingen zu frönen. „Sing das Ding“ heißt das Format, das die beiden Oldenburger Musiker Marcus Friedeberg und Marco Neumann seit einigen Jahren live auf die Bühne bringen und seit April 2020 als OnlineFormat etabliert haben.
“Rudelsingen mit Livemusik” Marco und Marcus waren in verschiedenen Bandkonstellationen bereits vielfach im Landkreis Verden und mit Sing das Ding mehrmals in der Straußenfarm in ThedinghausenWerder aufgetreten. So ist es nicht verwunderlich, dass bei den Livestreams auch immer eine sehr aktive Gruppe Fans aus dem Raum Verden dabei ist. Kurz zusammengefasst könnte man Sing das Ding als „Rudelsingen mit Livemusik“ beschreiben. Marco und Marcus beherrschen eine Vielzahl Instrumente, mit denen sie Klassiker der Rock und PopGeschichte sowie aktuelle Radiohits in deutscher und englischer Sprache zum Besten geben. Und natürlich nimmt auch Irish Folk einen großen Stellenwert im Programm ein – der Stil, für den die beiden u.a. durch ihre Bands Off Limits und Pangea bekannt sind.Parallel zur Livemusik werden auf einer großen Leinwand die Texte der Songs eingeblendet und das Publikum zum Mitsingen animiert. Im Stream ist die Leinwand digital und taucht in der Mitte des Bildschirmes auf. Links und rechts daneben sind die beiden Musiker positioniert. Da in der Onlinewelt auch die Interaktion zwischen Band und Publikum nur digital möglich ist, läuft nebenher der Youtube-LiveChat und wird unter der Leinwand eingeblendet. Nach den Stücken füllt sich der Chat regelmäßig mit den Abbildungen klatschender Hände, manchmal auch mit anststossenden Biergläsern oder denauch als „MetalPommesgabel“ bekannten Rockerfingern. Und nebenher wird untereinander geblödelt, es werden Sprüche geklopft oder Musikwünsche abgegeben, so wie es auch bei einem normalen Konzert üblich wäre. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass die gar nicht immer alle mitsingen, soviel wie die am Tippen sind“, erzählt Marco schmunzelnd und freut sich gleichzeitig über die lebendige Resonanz, die er mit seinen Auftritten bei seinen Fans hervorruft.
Musikwünsche und Videogrüße
Viele der „Gäste“ kennen die beiden Musiker persönlich aus der Zeit in der noch Konzerte stattfanden oder aus ihrem Bekanntenkreis. Deutschland und zum Teil sogar weltweit nutzen Menschen, die längst aus Oldenburg weggezogen sind, die Möglichkeit der virtuellen Rückkehr in die ehemalige Heimat. Zunehmend werden auch Musikwünsche in Form von Videogrüßen eingereicht, die dann in die Show eingebaut werden, sodass fast eine Art OnlineFernsehshow entsteht.Gesendet werden die Streams aus dem JugendKulturzentrum Cadillac, wo das Format vor der Pandemie einst seine Premiere hatte und monatlich vor einem begeisterten Stammpublikum stattfand. Wie in dieser Rubrik üblich, befragten wir einige Gäste und Beteiligte zu der Veranstaltung – in diesem Fall natürlich ebenfalls coronakonform am Telefon. (uc)
Marco Neumann, Musiker: Man sieht sich ja derzeit nur noch selten oder gar nicht mehr. Ich fühle mich leiser und kleiner ohne Auftritte und ohne persönliche Kontakte. Durch diese Onlinekonzerte blühe ich wieder richtig auf. Musik ist relevant für mein System. Das hält mich zusammen, das hält die Gemeinschaft zusammen. Diese OnlineTreffen sind für mich sowas wie das Sitzen am virtuellen Lagerfeuer. Es hilft mir sehr, die schwierige Zeit besser zu ertragen und ich bekomme mit, dass es vielen anderen auch so geht.
Foto: Natalie Teuber
Sam, Veranstaltungsleiterin im Cadillac: Wir haben ja hier gemeinsam mit Marco und Marcus das Format als buntere und jüngere Alternative zum Rudelsingen entwickelt. Das lief auch sehr gut, bis Corona kam. Die zwei hatten dann die Idee das zu streamen und ich war eher skeptisch. Ich mag diese Umsonststreams eigentlich nicht. Kultur hat ihren Wert und muss auch was kosten. In diesem Fall musste ich die Meinung aber etwas zurücknehmen, denn es funktioniert total super mit den freiwilligen Spenden. Die Community ist durch das StreamingFormat noch mehr gewachsen und hält noch enger zusammen als sonst auch schon. Für mich persönlich ist es alle 14 Tage das Highlight, da kann ich Corona mal vergessen und mir alles von der Seele singen. Da kriege ich mal den Kopf frei, wir treffen uns alle zusammen am Bildschirm und machen gemeinsam Blödsinn.
Foto:pf
Ingolf Schüttler aus Verden: Aktuell gibt es ja leider keine Livemusik mehr, da sind diese OnlineAuftritte eine gelungene Alternative. Die Mischung zwischen Klamauk und guter Musik, die die beiden bieten, finde ich sehr gelungen. Einen besonderen Reiz macht außerdem der Chat aus, der immer nebenherläuft. Man macht Scherze untereinander und mit den Musikern, dadurch ist eine richtige Community entstanden. Die Musiker lesen ja auch teilweise mit und gehen auf die Kommentare ein. Es gab schon Situationen, wo sie sich beim Singen das Lachen verkneifen mussten, weil irgendjemand Blödsinn in den Chat geschrieben hatte. Ich finde das eine super Ablenkung vom Lockdown, es werden soziale Kontakte aufrechterhalten und sogar neue geknüpft. Es gibt bereits eine Verabredung, dass sich alle gemeinsam auf dem ersten Konzert nach dem Lockdown treffen und zusammen feiern wollen
Foto: privat
Glenn Teuber aus Achim: Ich glaube, ich bin schon von Anfang an dabei. Damals haben die das noch von Zuhause aus dem Keller gesendet. Da ich als Tontechniker häufiger mit den beiden zu tun hatte, stehe ich in engem Kontakt zu ihnen und habe das dann u.a. über Social Media mitbekommen. Und so sitze ich jetzt regelmäßig jeden zweiten Mittwoch mit meiner Frau Natalie auf dem Sofa und genieße unterhaltsame 1,5 Stunden. Als Tontechniker habe ich ja normalerweise immer sehr viel mit Livemusik zu tun und das fehlt mir schon sehr stark. Diese Onlineauftritte sind da eine gute Alternative. Auf einem normalen Konzert quatscht man ja viel mit Freunden und tauscht sich über die Musik aus. Das wird hier durch die ChatFunktion ersetzt, durch die es immer sehr lustige Abende werden. Finanziert wird das Ganze über PaypalSpenden. Obwohl für mich ja auch sehr viele Einnahmen weggebrochen sind, gucke ich, dass wir da auch immer mal was spenden. Soweit ich weiß, lebt mindestens einer von den beiden vollständig von der Musik und ist dringend darauf angewiesen, auf diesem Wege etwas Geld zu verdienen.
Foto: Alexander Wendt