Todesopfer rechter Gewalt in Niedersachsen seit 1990 – Ausstellung mit Begleitprogramm

Auf Initiative der Achimer „Omas gegen Rechts“ wird vom 14. bis 26. Oktober die Ausstellung „Erinnern heißt Kämpfen – Todesopfer rechter Gewalt in Niedersachsen seit 1990“ im Achimer Rathaus gezeigt. Eine der „Omas“ war sehr beeindruckt, nachdem sie die Ausstellung in Hannover ge­se­hen hatte. Da sie als Wan­der­ausstellung konzipiert ist, wurde gemeinsam beschlossen, die Ausstellung auch nach Achim zu holen.

Die Ausstellung lenkt den Blick auf zehn verschiedene Tatorte in Niedersachsen, an denen Menschen durch rechte Gewalt getötet wurden. Foto: pf

Die „Omas gegen Rechts“ sind eine bundesweite Bewegung, der sich rund 30.000 Frauen zugehörig fühlen. Sie setzen sich für Demokratie und Menschenrechte ein und verurteilen rechtsextreme, antisemitische und antifeministische Tendenzen in der Gesellschaft. Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die Erinnerung an die NS-Zeit und das Bewusstmachen, wohin es führen könnte, wenn rechtsextreme Parteien wieder das Sagen bekommen in Deutschland.
Die Achimer Ortsgruppe gibt es seit rund drei Jahren – viele Achimer*innen könnten sie von ihrem Wochenmarktstand kennen, wo sie – insbesondere vor Wahlen – über ihre Arbeit informieren und dazu aufrufen, wählen zu gehen, damit rechtsradikale Parteien nicht die Oberhand bekommen. Ein enger Kontakt besteht zudem zu den Bremer und Verdener „Omas gegen Rechts“, mit denen es bereits mehrfach gemeinsame Demo-Teilnahmen in der Region gab.

Getötet weil sie nicht ins Menschenbild passten
Mit der Ausstellung im Achimer Rathaus soll der Blick auf die Menschen gelenkt werden, die seit 1990 in Niedersachsen durch rechte Gewalt getötet wurden, weil sie nicht in das rechtsextreme Menschenbild passten. Es waren mindestens zehn Personen, nur zwei sind bisher als Opfer rechter Gewalt anerkannt. Durch ausgiebige Recherchen konnten die Geschichten der Opfer und die Umstände ihrer Ermordung zum Teil rekonstruiert werden. Doch vieles blieb ungeklärt und es muss weiter um die Anerkennung der Toten als Opfer rechter Gewalt gekämpft werden.

Gegen das Vergessen
Schon seit längerer Zeit ist eine besorgniserregende Zunahme der Gewaltbereitschaft in der rechten Szene vorhanden, die oft verharmlost wird. Die Ausstellung verdeutlicht in den einführenden Kapiteln, was „rechte Gewalt“ ist und wie sie sich seit den 1980er und 1990er Jahren in Deutschland zeigt. Die Omas gegen Rechts wollen mit der Ausstellung das Bewusstsein für das Ausmaß rechter Gewalt schärfen, für die betroffenen Gruppen sensibilisieren und dem Vergessen der Opfer entgegenwirken. Vielen von ihnen wurden Opfer, weil sie z.B. als von Obdachlosigkeit Betroffene am Rande der Gesellschaft standen und entsprechend der rechten Ideologie als ungleichwertig betrachtet werden, erläutert Sophia Kemlein von den „Omas gegen Rechts“.

Arbeitsmaterial für Schulen
Sie würde sich sehr freuen, wenn viele Oberstufenklassen einen Ausstellungsbesuch in ihren Unterricht integrieren würden. Entsprechende Arbeitsmaterialien sind vorhanden und können auf Anfrage an omasgegenrechts-achim@web.de gern zur Verfügung gestellt werden.
Die Ausstellung wurde erstellt durch die Mobile Beratung Niedersachsen, die Betroffenenberatung Niedersachsen und durch „Distance – Ausstieg Rechts Niedersachsen“ und ist gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und durch das Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen. Weitere Informationen unter www.erinnern-heisst-kaempfen-nds.de.

Begleitveranstaltungen
am Anfang und zum Ende

  • Die Auftaktveranstaltung findet am Montag, 14. Oktober, um 18.00 Uhr im Achimer Rathaus statt. Als Referent konnte Lucius Teidelbaum, freier Journalist und Publizist, zum Thema „Obdachlosenhass“ gewonnen werden. Für die musikalische Umrahmung sorgt Ortrud Staudte (Akkordeon).
  • Den Abschluss bildet das Theaterstück „Die Odyssee der Hanni Baumgarten“ des Ekke-Necke­pen-Theaters aus Langwedel am Sonntag, 27. Oktober, um 19 Uhr im Kasch Achim. Das Stück erzählt die unglaubliche, aber wahre Geschichte der Jüdin Hanni Baumgarten, die – nach dem frühen Tod ihrer Eltern – als Jugendliche die NS-Zeit in Verden erlebte. Nicht zuletzt aufgrund der Reichspogromnacht 1938, in der auch die Verdener Synagoge brannte, beschloss sie 1940 nach Palästina auszureisen.
    Ihre abenteuerliche Reise führte sie über Österreich bis nach Rumänien, mit dem Schiff durch den Bosporus über Zypern und Kreta, bis sie schließlich die Küste Palästinas erreichte. Dort wurde sie von den Briten der ver­meintlichen Spionage verdächtigt und auf einem Schiff interniert, das einige Wochen später sank. Hanni, eine gute Schwimmerin, konnte mit letzter Kraft den Strand ihres gelobten Landes erreichen.

Inszenierung mit Musik, Tanz und Theaterspiel
Die Künstler*innen Christoph Bendikowski, Tina Badenhop, Merle Freund und Martin Bogus zeichnen mit den Mitteln des Theaters, des Tanzes, der Musik und dem zeitgenössischen Zirkus ein szenisches Porträt über eine heranwachsende Frau, die trotz größter Repressalien niemals die Hoffnung aufgibt und schließlich ihr Glück findet. Der Eintritt kostet 15 €. (uc)