Artikelserie „SoLaWis im Landkreis Verden“ – Teil 3: Hof Imhorst in Riede
In der letzten Zeit haben sich im Landkreis Verden gleich mehrere Betriebe gegründet, die sich nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft, kurz SoLaWi, organisieren. Bei einer SoLaWi finanzieren die Abnehmer*innen nicht das einzelne Lebensmittel, sondern als Mitglieder mit einem festen Beitrag gemeinsam die gesamte Produktion und teilen dann untereinander den Ernteertrag auf. Im dritten Teil unserer kleinen Serie zum Thema stellen wir diesmal die SoLaWi auf dem Hof Imhorst in Riede-Felde vor.
Der Gründer der SoLaWi ist ein „alter Hase“ der Biobranche im Nordwesten: Martin Clausen hat sich bereits in den 1980er-Jahren als Biogärtner in Bremen-Kattenturm selbstständig gemacht, war 1991 einer der Mitbegründer des Biogroßhandels Naturkostkontor Bremen und hat 1992 zusammen mit seiner Frau Susanne den Gärtnerhof Sandhausen in Delmenhorst aufgebaut.
Mitte 2022 musste der Gärtnerhof engültig einem Straßenbauprojekt weichen, gegen das sich Martin und Susanne jahrelang vergeblich engagiert hatten. Auf der Suche nach einem neuen Hof lernte er Dietrich Lange kennen, der den Hof Imhorst geerbt hatte, der seit den 1980er-Jahren nicht mehr bewirtschaftet wurde. Gemeinsam gründeten sie die Hof Imhorst Stiftung, in die Dietrich den Hof samt der bis dahin verpachteten Flächen und Martin die Entschädigung für seinen alten Hof einbrachte.
Neuanfang im neuen Team
Während Martin mit 63 Jahren im Frühjahr 2022 den Neuanfang vorbereitete, beschloss Susanne in Delmenhorst zu bleiben. Unterstützung bekam Martin durch ein junges Biogärtnerpaar und seinen Sohn Moritz, die gemeinsam eine GbR gründeten, die den Hof und die Flächen von der Stiftung pachtete und bewirtschaftete.
Die gemeinnützige Stiftung steht dafür, dass das Land dauerhaft biologisch bewirtschaftet werden muss und nicht weiterverkauft werden darf. Dies war den beiden Stiftern ein Herzensanliegen in Zeiten, in denen immer mehr Grund und Boden Großinvestoren gehört und als Spekulationsobjekt dient.
Marktstände in Bremen
Von seinem ehemaligen Hof brachte Martin zwei Marktstandplätze in Horn-Lehe und Findorff sowie die Kooperation mit dem Naturkostkontor mit, aber auch die Überzeugung, neue Wege beschreiten zu wollen. Als Gründe, die ihn dazu veranlassten, eine SoLaWi auf dem Hof Imhorst aufzubauen, nennt er u.a. die Hoffnung „einen zuverlässigen und vertrauensvollen Umgang zwischen Erzeugerinnen und Verbraucherinnen zu schaffen, als kleiner Betrieb unabhängiger vom anonymen Marktgeschehen zu werden und nicht in den Zwang von Wachse oder Weiche zu geraten sowie den Hof zu einem Ort des sozialen Miteinanders zu machen“.
Ein Teilbereich des Hofes ist als SoLaWi organisiert
Dass der Hof nicht ausschließlich als SoLaWi organisiert ist, hat für die Mitglieder durchaus Vorteile, da sie dadurch aus einer großen Produktvielfalt auswählen können. Gleichzeitig verwischt dadurch die SoLaWi-Idee ein wenig, da hier nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Teilbereich durch die monatlichen Beiträge finanziert wird. Aktuell kann zwischen einem halben Anteil für monatlich 60,- € und einem ganzen Anteil für 120,- € gewählt werden. Dafür können sich die Mitglieder wöchentlich drei Kilo Gemüse, zwei Salate, zwei Bund Kräuter und ein Kilo Kartoffeln (bzw. die Hälfte davon bei einem kleinen Anteil) im Depot auf dem Hof oder an einem der Marktstände abholen. Im Depot steht das ganze Jahr hindurch jeweils freitagnachmittags und samstagvormittags eine bunte Vielfalt verschiedener Gemüse zu Auswahl bereit.
Wie sich die Mitglieder daraus ihre drei Kilo zusammenstellen, ist ihnen dabei freigestellt. „Möchte jemand mal etwas mehr als seinen Anteil nehmen, wirft man etwas zusätzliches Geld in die Kasse“, erzählt Martin Clausen. Der Ein- und Ausstieg in die SoLaWi ist jederzeit möglich und auch ein zweimonatiger Probeanteil wird angeboten.
1 Hektar im Freiland und 0,6 Hektar unter Glas
Aktuell gibt es rund 30 Mitglieder, viele von ihnen aus der direkten Umgebung, ein paar aber auch, die ihren Anteil an den Marktständen in Bremen abholen. Der Wunsch ist, diesen Betriebszweig in Zukunft auf bis zu 200 Anteile auszuweiten.
Angebaut wird das Gemüse auf einer Freilandfläche von derzeit einem Hektar sowie in einem riesigen Glashaus mit einer Grundfläche von 0,6 ha. Im Glashaus werden jetzt Salate, Kräuter etc. und später Tomaten, Gurken, Auberginen und Paprika überwiegend für den Großhandel angebaut sowie Jungpflanzen vorgezogen.
Bewässert werden das Glashaus und die Freilandfläche aus einem riesigen Regenwasserspeicher mit 6.000 Kubikmetern (also 6.000.000 l), in welchem die Niederschläge der Dachfläche gesammelt werden. Die Freifläche dient in erster Linie dazu, das SoLaWi-Sortiment interessant zu machen, aber auch um die Märkte mit einem breiten Angebot eigener Produkte zu versorgen. Wächst die SoLaWi stehen auf dem 26 ha großen Betrieb noch genügend Flächen für Freilandgemüse zur Verfügung. Wollte man die Produkte aus dem Glashaus nur über eine SoLaWi vertreiben, bräuchte es 1000 Anteile. Aber eine so große SoLaWi zu werden, ist ausdrücklich nicht das Ziel. Deshalb wird der Hof Imhorst voraussichtlich auch in Zukunft mehrgleisig organisiert sein.
Neues Team im neuen Jahr
Darüber hinaus stehen zu Beginn dieses Jahres einige Neuerungen an: Zum Bedauern von Martin Clausen verließ das jungen Gärtnerpaar im letzten Herbst den Betrieb wieder, da einige Vorstellungen innerhalb der GbR nicht miteinander vereinbar waren. Es wurden aber wieder zwei neue jüngere Leute gefunden, die jetzt vorerst probeweise als Angestellte beginnen. Deren Ziel ist es, ebenfalls in die Betriebsleitung einzusteigen, um dann mit anderen den Platz des inzwischen 65 Jahre alten Voreiters einzunehmen.
Der alte Kuhstall wird zur Bildungsküche ausgebaut
Die Stiftung hat derweil damit begonnen den alten Kuhstall des Hofes in ein Seminargebäude mit Bildungsküche umzubauen, in der u.a. über die ökologische Landwirtschaft informiert und deren Erzeugnisse zubereitet und sinnlich erlebt werden können. (uc)