Die alte Wassermühle in Fischerhude gilt als Vorzeigeprojekt für die ökologische Sanierung denkmalgeschützter historischer Gebäude
Als die Sanierung der alten Wassermühle in Fischerhude im Jahr 2017 mit der ‚Grünen Hausnummer‘ für energieeffizientes Bauen ausgezeichnet wurde und in dem anschließenden Landeswettbewerb den dritten Platz belegte, berichteten wir zum ersten Mal im Överblick darüber.
Inzwischen sind einige Jahre verstrichen, der Umbau ist vorangeschritten und die nun als Wohnhaus genutzte ehemalige Wassermühle hat sich zum Vorzeigeprojekt für die ökologische Sanierung denkmalgeschützter historischer Gebäude entwickelt.
Führungen, Vorträge und Austausch mit Interessierten
Es gab mehrere öffentliche Führungen sowie den Austausch mit Menschen, die ebenfalls Interesse haben, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Vor kurzem durften die Inhaber*innen Kerstin Gliesche und Holger Unnasch sogar einen Vortrag beim Monumentendienst halten, der Besitzerinnen und Besitzer historischer Gebäude berät und bei der Erhaltung unterstützt.
Unnasch und Gliesche sind durch ihre Arbeit am Haus inzwischen selbst Fachleute für diesen Bereich geworden und lassen andere gern an ihren Erfahrungen teilhaben, auch wenn sie aus heutiger Sicht vielleicht das ein oder andere anders gemacht hätten. Es habe sich deshalb durchaus als Vorteil herausgestellt, dass sie nach dem Kauf im Jahr 2015 aus finanziellen Gründen sowie aufgrund der Arbeitsbelastung nicht alles auf einmal fertigstellen konnten. So wurde z.B. die Raumaufteilung nochmal geändert, nachdem sie bemerkt hatten, dass durch die durchgängigen Fachwerkträger die Geräusche zwischen der Ferienwohnung und anderen Teilen des Hauses übertragen werden. Zusätzlich wurden im Bereich der Decken weitere Auftrennungen vorgenommen und die Wände verstärkt.
Für die Versorgung mit Heizungswärme und Warmwasser wurde 2015 nach einer möglichst regenerativen und effizienten Energieversorgung gesucht, die gleichzeitig aber bezahlbar, komfortabel und bewährt sein sollte. Es wurde sich für eine Gasbrennwerttherme mit integriertem Speicher und moderner Regelungstechnik entschieden, ergänzt durch einen Festbrennstoffofen im unteren Wohnbereich. Heute gilt der Verzicht auf fossile Brennstoffe als wesentlich dringlicher als zum damaligen Zeitpunkt. “Uns fehlte einfach der Mut, sonst hätten wir wohl schon damals auf andere Energieträger zurückgegriffen”, erzählt Holger Unnasch. „Vielleicht hätte es dadurch sogar zu mehr als dem dritten Platz im Landeswettbewerb der ‚Grünen Hausnummer‘ gereicht“, ergänzt Kerstin Gliesche.
Ideen zu einer alternativen Energieversorgung habe es bereits in der Anfangszeit gegeben, wie z.B. das alte Mühlrad wieder in Betrieb zu nehmen, um Strom zu produzieren, so wie es eine andere ehemalige Wassermühle in Scheeßel macht.
Nachrüstung mit einer Wärmepumpe?
Inzwischen überlegen sie, eine Luftwärmepumpe einzubauen mit zusätzlichem Scheitholzofen, um Spitzenlasten abzudecken, falls die Leistung der Wärmepumpe nicht ausreichen sollte. „Aber das Ganze ohne Hektik und nur mit dem richtigen Spezialisten“, betonen sie. Zugute käme ihnen dabei, dass bereits bei der ersten Sanierung eine Niedertemperatur-Flächenheizung mit einer Vorlauftemperatur von nur 37 °C eingebaut wurde, was die Nutzung einer Wärmepumpe sehr begünstigt. Das bedeutet, dass in den Wänden sowie im Sockelbereich Heizungsrohre verlegt sind, die Wärme in die Wohnung abstrahlen und für ein angenehmes Raumklima sorgen, wozu auch der verwendete Lehmputz beiträgt.
PV im Denkmalschutz?
„Im ersten Schritt geht’s erstmal darum, die Effizienz der vorhandenen Gastherme zu optimieren. Die zukünftigen Steigerungen des CO2-Preises werden sich natürlich auch auf die Kosten von fossilen Energieträgern auswirken und damit auch auf die Zukunft von Gasheizungen“, bemerkt Gliesche. Wirklich ökologisch wäre eine Wärmepumpe jedoch nur, wenn auch der Strom, den sie benötigt, nachhaltig erzeugt wird. Deshalb erwägt das Paar, zusätzlich eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach montieren zu lassen, was jedoch aufgrund des Denkmalschutzes problematisch sein könnte. Es gäbe jedoch für solche Fälle rote PV-Module, die sich farblich an die Dachziegel anpassen. „Oder es gibt hier im Ort irgendwann mal eine Initiative für eine Flächen-PV-Anlage, der wir uns anschließen können“, so Giesche.
Mit dem Denkmalschutz haben die beiden bisher einen sehr positiven Kontakt. Sie sind bis heute stolz darauf, dass der damalige Kreisdenkmalpfleger das Sanierungsprojekt ausdrücklich lobte. Das bestärkt sie in dem Anliegen, bei allen Umbaumaßnahmen den Charakter des Gebäudes zu wahren und das historische Baudenkmal für die Nachwelt zu erhalten.
Regelmäßige Begutachtungen Dazu gehören regelmäßige Begutachtungen inklusive Feuchtemessungen in den Wänden und den Räumen selbst. „Dadurch lässt sich ermitteln, wie das Haus mit der Sanierung klar kommt“, erklärt Unnasch. Sollten zusätzliche Materialien benötigt werden, so wird auch auf antike Baustoffe zurückgegriffen, die u.a. von der Bremer Bauteilbörse sowie regionalen wie auch überregionalen Händlern bezogen werden. Zur Ausmauerung der Gefache wurden sie erst in Nordfriesland fündig, da der in der Mühle vorhandene, sehr flache und schmale Ziegelstein, hier in der Region nirgends aufzutreiben war. Das historische Natursteinpflaster wurde direkt vor der Mühle in rund einem Meter Tiefe gefunden, weil über die Jahre hinweg einfach darüber geschottert und gepflastert worden war.
Alles erhalten, statt alles neu zu produzieren
Und die großen Sandsteinplatten, die seit neuestem zur Gehwegpflasterung hinter dem Haus dienen, bekamen sie vermacht, als das ehemalige alte Bauernhaus auf dem Nachbargrundstück abgerissen wurde.
„Die graue Energie, also die Energie, die eingespart wird, weil die Bauteile nicht neu hergestellt werden müssen, findet häufig viel zu wenig Beachtung, schon allein wenn man sich überlegt, wie viel CO2 in den ganzen Fachwerkbalken gebunden ist“, werben Giesche und Unnach dafür, mehr Altes zu erhalten oder wiederzuverwenden, anstatt immer alles neu zu produzieren. (uc)