Elisabeth Fresen (Mitte) mit Mitarbeiterin Julia Steinbrück (l.) und Mutter Margret Fresen (r.) vorm Hofladen. (Foto: Uwe Ciesla)

Vor drei Jahren hat Elisabeth Fresen den elterlichen Biohof in Verden-Eitze übernommen und ihm den Namen „Stoffers Hoff“ gegeben. Diese Bezeichnung ist bereits in alten Chroniken zu finden und bezieht sich vermutlich auf den Namen des Hofgründers Christopher, der hier vor über 400 Jahren mit der Landwirtschaft begann. Ende der 90er-Jahre stellt Elisabeths Vater den Hof auf Bio um und die ganzjährige Weidehaltung der Mutterkuhherde ist bis heute der zentrale Betriebszweig des Hofes. Hinzu kommen der Anbau von Feldfrüchten und die Bewirtschaftung von Obstbäumen sowie der 2020 im Zuge der Betriebsübernahme eingerichtete Hofladen. Elisabeths Eltern arbeiten weiterhin mit und auf dem Hof wird bis heute platt geschnackt. Gleichzeitig bringt Elisabeth mit viel Elan frischen Wind und neue Ideen in den Betrieb ein.

Ausbildung und Studium
„Das hat meine Eltern damals ziemlich überrascht, als ich mich irgendwann nach dem Abi entschieden habe, dass ich den Betrieb mal übernehmen möchte“, erzählt Elisabeth. „Ich habe dann meine Ausbildung zur Landwirtin gemacht und danach ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen studiert. Und in den Semesterferien oder wenn ich Ferien als Auszubildende hatte, habe ich schon hier auf dem Hof mitgeholfen.“
Insbesondere die vielfältige Arbeit, das Organisieren und das an den Standort angepasste Arbeiten haben sie damals zu ihrem Schritt bewogen, erzählt sie. Sie liebe es, an einem intakten Ort zu leben und gute, gesunde Lebensmittel zu genießen und es sei ihr eine Herzensangelegenheit, diese selbst zu produzieren. Sie möchte den Ort erhalten, an dem sie lebt und das Beste daraus machen, was möglich ist, weshalb die ökologische Landwirtschaft und der schonende Umgang mit ihrer Umgebung eine Selbstverständlichkeit für sie sind.
Ihre Rinder grasen extensiv auf Naturschutzflächen. Auf ihnen entstehen auf diese Weise wertvolle Lebensräume für eine Vielfalt an Pflanzen, Tieren und Pilzen: „Unsere Mutterkühe sind aktive Natur- und Klimaschützerinnen. Angeregt durch die Beweidung produziert das Bodenleben unterirdisch Humus und dieser bindet klimaschädliches CO2 aus der Luft langfristig im Boden.“

Kälber bleiben mindestens neun Monate bei den Kühen
Mutterkuhhaltung bedeutet, dass die Kälber mindestens neun Monate lang bei der Mutter bleiben und dann verkauft oder selbst gemästet werden. Die Mutterkühe sind sehr fürsorglich mit ihren Kälbern und der übrigen Herde und leben besonders artgerecht: Sie sind das ganze Jahr draußen, haben viel Platz und können arttypisches Verhalten ausleben. Dazu zählt, dass sie ihre Kälber eigenständig großziehen und als Herde über die Flächen ziehen, wo sie besonders abwechslungsreiches Futter mit vielen Kräutern finden. Nur einmal, spät im Sommer, werden die Naturschutzflächen gemäht, um Heu für den Winter zu produzieren. Normalerweise gibt es Förderungen für diese schonende Art der Bewirtschaftung, was jedoch – sehr zum Leidwesen der Biobäuerin – auf vielen ihrer Flächen aus bürokratischen Grün­den bisher nicht möglich ist.
Bereits während ihrer Ausbildung bemerkte sie, dass die politischen Rahmenbedingungen eine umweltschonende tierwohlorientierte Landwirtschaft nicht gerade fördern. Deswegen nahm sie bereits früh an den großen „Wir haben es satt“-Demos in Berlin teil und trat der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bei. Seit sechs Jahren ist sie dort bereits im Bundesvorstand und seit vier Jahren als dessen Vorsitzende aktiv. Die AbL ist so etwas wie die Opposition zur industriell orientierten Agrarlobby und dem „Wachse-oder-Weiche-Prinzip“ des großen Bauernverbandes.

Teil der Zukunftskomission von Angela Merkel
Stolz war Fresen, als sie auf diesem Wege auch Teil der Zukunftskommission wurde, die für die Regierung von Angela Merkel ein Konzept für eine zukunftsfähige Landwirtschaft erarbeitete. „Das Ergebnis konnte sich sehen lassen“, bestätigen auch weitere Biolandwirte aus dem Landkreis Verden gegenüber dem Överblick.
Bei der damaligen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner „verschwand das Papier jedoch im Schrank“ und Elisabeth ist sehr frustriert, dass es auch von dem grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von dort nicht wieder hervorgeholt und umgesetzt wurde. „Die Höfe sterben, die Arten sterben – aber wenn wir jetzt wie vorgeschlagen mit der Transformation beginnen, dann gibt es sofort Verbesserungen für Bäuerinnen und Bauern, für Tiere, für unsere Umwelt, fürs Klima. Für alles gibt es sofort Verbesserungen. Und es würde ungefähr 7 bis 11 Milliarden Euro im Jahr kosten. Und wir haben auch Vorschläge gemacht, woher das Geld kommt. Wenn wir aber nichts tun, dann entstehen Probleme, die zehnmal so teuer sind. Wenn wir verschmutztes Trinkwasser haben oder die Klimakrise, dann haben wir ein richtiges Problem“, appelliert Fresen und hofft, dass es in der Gesellschaft und der Politik ein Umdenken gibt und sie weiterhin auf ihrem Biohof in Verden-Eitze gute und gesunde Lebensmittel in und mit der Natur produzieren kann. (uc)