Dörte Liebetruth verbindet kommunalpolitisches Engagement
mit ihrer Arbeit als Landtagsabgeordnete in Hannover
Viele erkennen sie sofort an ihrem roten Rucksack, wenn sie wieder einmal mit dem Fahrrad im Landkreis unterwegs ist und Ideen und Anregungen sammelt: Die Rede ist von Dörte Liebetruth – aufgewachsen in Kirchlinteln und seit November 2017 als direkt gewählte Abgeordnete für den Wahlkreis Verden-Achim im Niedersächsischen Landtag aktiv.
Wir durften Dörte in ihrem Bürgerbüro in der Verdener Fußgängerzone und im Landtag besuchen und bekamen einen Einblick in den Alltag einer Berufspolitikerin, die zwischen Sitzungen in Hannover, im Kreistag und Gemeinderat, Volksfesten und Bürgerfragestunden hin und her pendelt. Außerdem erfuhren wir, wie sie zu ihrem Markenzeichen, dem berühmten roten Rucksack kam.
Wie sieht der Alltag einer Abgeordneten aus? Er ist sehr abwechslungsreich, erklärt uns Dörte. „Im Landtag gibt es ungefähr drei Wochen im Monat Ausschusssitzungen und einmal im Monat eine Plenarwoche. Dann kommen alle Abgeordneten zusammen“, sagt die SPD-Politikerin. „Wenn Landtagsplenum ist, übernachte ich in Hannover, weil abends spät noch parlamentarische Abende sind und morgens vor Beginn der offiziellen Sitzung schon früh Termine anstehen“, wie Treffen mit ihren Kolleginnen oder andere Formen der Vorarbeit für die Sitzungen. Manchmal empfängt sie zusätzlich auch noch Besuchsgruppen aus ihrem Wahlkreis – oder Redakteurinnen vom Överblick.
In plenarfreien Wochen teilt sie ihre Zeit zwischen ihrem Wohnort Kirchlinteln, dem Landkreis Verden und Hannover auf, wo zusätzlich regelmäßig Arbeitsgruppen- und Ausschusssitzungen stattfinden. Sie ist dort in den Ausschüssen „Haushalt und Finanzen“, „Bundes- und Europaangelegenheiten“ und als verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion oft auch im Ausschuss für „Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung“ aktiv.
Nachdem sie ihre Tochter in die Krippe gebracht hat, geht oft sofort die Vorbereitung der Ausschusssitzungen los. „Man braucht eigentlich immer drei Sitzungen, bevor man eine Beschlussempfehlung abgestimmt hat“, erzählt Dörte. Zuerst eine interne Vorbereitung der SPD-Fraktion, dann zusätzlich noch eine mit den Vertreter*innen des Koalitionspartners von den Grünen und dann die Ausschusssitzung selbst mit allen Fraktionen. „Das kann manchmal auch anstrengend sein. Die Ausschüsse sind aber total wichtig, weil man da Dinge besprechen und Missverständnisse ausräumen kann, bevor in den Plenarsitzungen alle Abgeordneten zusammenkommen, um etwas zu beschließen.“ Die Ausschusssitzungen und Arbeitskreissitzungen des Verdener Kreistags finden typischerweise nachmittags statt. „Üblicherweise“, so Liebetruth, „würde ich dann erst in Hannover sein und nachmittags oder abends wieder Termine hier im Landkreis Verden wahrnehmen.“
„Starke Unterstützung“
Auf die Frage nach ihrem offensichtlich sehr hektischen Zeitplan hebt Dörte Liebetruth die „starke Unterstützung“ durch ihre beiden Teilzeit-Mitarbeiterinnen hervor und sagt lächelnd: „Meine Tochter hilft mir, Balance zu halten zwischen Arbeit und Privatleben, weil sie mir im Zweifelsfall Bescheid gibt.“ Das ist nicht immer einfach, denn beides vermischt sich stark in ihrer Tätigkeit als Politikerin. „Also ich zähle die Stunden nicht. Ich habe mir das ausgesucht und mache das sehr gerne“, erklärt sie.
Ein großes Thema ist derzeit die Frage des Ausbaus der Bahnstrecken zwischen Hamburg, Bremen und Hannover („Alpha E“), von dem auch die betroffenen Regionen profitieren statt der gescheiterten „Y-Trasse“ oder einer neuerdings von der Bahn verfolgten Neubaustrecke. Und so kommt es vor, dass Dörte in der Pause der Plenarsitzung in eine Onlinekonferenz mit Ansprechpartner*innen aus den Kommunen und Lars Klingbeil, einem der beiden Bundesvorsitzenden der SPD, eilt. Lars Klingbeil stammt aus dem Raum Munster und vertritt den Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis im Bundestag. Bei Anregungen und Fragen aus den Kommunen, für die der Bund zuständig ist, ist er oft Dörtes Ansprechpartner. „Ich kenne ihn noch aus unserer Zeit bei den Jusos“, verrät sie.
Bahnhaltepunkte in Dauelsen und Uphusen
Zu der Frage, ob Neu- oder Ausbau der Bahnstrecke vorteilhafter wäre, hat sie eine klare Meinung: „Was uns gelingen muss, ist, möglichst schnell etwas fürs Klima zu tun und das Bahnnetz zu ertüchtigen. Und mit dem Bestandsstreckenausbau könnte man auch die Infrastruktur wie den Lärmschutz an den Bahnstrecken verbessern und Haltepunkte in Dauelsen und Uphusen schaffen. Das ist ein Thema, für das ich immer wieder Anregungen und Hinweise bekomme, die dann in meinem roten Rucksack landen, und bei dem ich Schritt für Schritt versuche, dranzubleiben. Eine Neubaustrecke würde auch viel zu lange dauern.“
Bereits vor mehr als zehn Jahren war sie erstmals mit dem roten Rucksack unterwegs, der inzwischen so etwas wie ihr Markenzeichen ist. „Ein Rucksack ist was Gutes, wenn ich rausgehen will und Anregungen und Hinweise sammle“, erklärt sie. Das war dann zur Landtagswahl wieder der Fall. „Es war eigentlich nur für den Sommer 2012 gedacht, um originell mit Leuten ins Gespräch zu kommen, so als kleiner Türöffner. Dann habe ich aber schnell gemerkt, dass mich viele Leute an diesem roten Rucksack erkannt haben, an der Ampel oder im Supermarkt. Da habe ich gedacht, das lasse ich jetzt einfach so. Seitdem benutze ich immer rote Rucksäcke.“
Von der Schülervertretung in Kirchlinteln zu den Jusos
Politisch aktiv war Dörte schon lange zuvor. Schon in der Orientierungsstufe am Schulzentrum Kirchlinteln hat sie 1991 in der Schülervertretung angefangen. „Die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht. Aber ich wollte auch über Bildungspolitik hinaus politischen Einfluss nehmen. Da war mir die SPD mit den Themen und Werten Chancengleichheit und Gerechtigkeit einfach am nächsten. So bin ich dann bei den Jusos aktiv geworden.“ Ausschlaggebend für ihre politische Erfahrung war insbesondere ein persönliches Ereignis: „Ich hatte erlebt, wie meine Eltern auf politischem Wegen dafür gesorgt hatten, dass meine Schwester mit Down-Syndrom in eine Regelschulklasse integriert wurde. Das war um 1990 herum und Integrationsklassen waren damals in Niedersachsen überhaupt noch nicht verbreitet. Das haben meine Eltern dann durchgesetzt, zusammen mit der damaligen SPD-Landtagsabgeordneten Christina Bührmann. Das hat für meine Schwester einen großen Unterschied gemacht. Es war für mich ein Schlüsselerlebnis, weil ich gemerkt habe, dass Politik den eigenen Alltag verändern kann.“
Gebührenfreie Kitas niedersachsenweit durchgesetzt
Direkt in ihrer Anfangszeit als Landtagsabgeordnete im Jahr 2017 konnte sie dies dann selbst anwenden: In ihrem roten Rucksack nahm sie die Anregung mit, Kindergartengebühren abzuschaffen. Sie erreichte es, dass die Gebührenfreiheit für Kitas erst in das SPD-Regierungsprogramm und dann in den Koalitionsvertrag mit der CDU aufgenommen und später niedersachsenweit umgesetzt wurde. Dieses Erfolgserlebnis, verrät sie, begann mit den Hinweisen und Kommentaren von Eltern aus der Gemeinde. Noch heute verbinde sie kommunalpolitisches Engagement mit Verhandlungen auf Landesebene. Liebetruth betont, dass der gegenseitige Austausch zwischen den Ebenen Verbindungen stärke und damit der Demokratie diene.
So hat sie, neben ihrem Eintreten für Belange der Kommunen, auch das große Ganze im Blick: Die Gründung der Europäischen Union ist für sie ein Erfolgsmodell, das jahrzehntelang für Frieden in Europa gesorgt habe. „Ich möchte mit meinem politischen Engagement dafür sorgen, dass dieser Frieden erhalten bleibt, dass die Demokratie gestärkt bleibt und möchte sehr gerne Leute mit dieser Leidenschaft anstecken und für Demokratie begeistern“, sagt sie.
Den Traumjob gefunden
„Was ich mache – als direkt gewählte Abgeordnete hier für den Wahlkreis Verden-Achim – das ist mein Traumjob. Deswegen habe ich im vergangenen Jahr wieder kandidiert und mich sehr über die Unterstützung der Leute gefreut. Jetzt will ich natürlich auch dafür arbeiten, dass ich da etwas zurückgebe.“
Regelmäßig veranstaltet Dörte Liebetruth Telefonsprechstunden, die auf ihrer Website www.doerte-liebetruth.de angekündigt werden. Diesen Sommer fährt sie wieder mit ihrem Rucksack im Rahmen einer „Tour der Ideen“ durch den Landkreis und steht unter 0170 / 9000508 gerne für Termineinladungen zur Verfügung. (eh/uc)