Großer Andrang bei Lesung von Christina Clemm

Landkreis. Die Rechtsanwältin und Buchautorin Christina Clemm las jüngst in derVerdener Buchhandlung Mahnke aus ihrem Buch „Gegen Frauenhass“. So vieleMenschen seien noch nie gleichzeitig in der Buchhandlung gewesen, freute sichGastgeberin Maria Mahnke über die ausverkaufte Veranstaltung. Zur Lesungeingeladen hatten Sonja Wreden von der Frauenberatung Verden, Dr. KathrinPackham, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Verden, und Dr. Kerstin Blome,Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises.


Rechtsanwältin und Buchautorin Christina Clemm (Bildmitte) las aus ihrem Buch „Gegen Frauenhass“.


Die Autorin las aus ihrem Buch „Gegen Frauenhass“, in dem sie ihre fast 30-jährige
Erfahrung in der gerichtlichen Vertretung von Gewaltopfern, insbesondere von Opfern
häuslicher Gewalt, verarbeitet hat. Clemm schildert darin unter anderem die für viele
Fälle typische Gewaltspirale.

Solche Beziehungen begännen häufig mit dem sogenannten „love bombing“. Gemeint
sei, so Clemm, das manipulative Verhalten des Partners zu Beginn der Beziehung, um
die Partnerin durch Liebesbeteuerungen und extreme Anerkennung emotional von sich
abhängig zu machen. Dem folge dann meist ein erster „Ausrutscher“ – ein Schütteln,
Schubsen oder eine Ohrfeige. Die Gewaltspirale drehe sich danach trotz
Entschuldigungen und Beteuerungen, dies würde nie wieder vorkommen, immer weiter
und ende im äußersten Fall mit der Tötung der Frau.

Die Autorin kritisierte in der anschließenden Diskussion mit dem Publikum den
Umgang mit häuslicher Gewalt und Femiziden in Deutschland. Es fehle ein
flächendeckendes System der Hochrisikofalleinschätzung, um frühzeitig weitere
Eskalationen zu verhindern und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, so
Clemm. Zudem gebe es viel zu wenig Täterberatungsstellen.

Das sei zum Beispiel in Österreich ganz anders. Dort werde jede Person, gegen die
nach einem Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt ein Annäherungsverbot
ausgesprochen wurde, zur Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung verpflichtet.
Auch dauerten hierzulande die Gerichtsverfahren viel zu lange. Richterinnen und
Richter seien häufig nicht entsprechend geschult. Die geschilderte „Verzweiflung“ der
Täter beispielsweise darüber, dass ihre Partnerin sie verlassen wolle, wirke sich häufig
strafmildernd aus, kritisiert Clemm.

Dem Phänomen häuslicher Gewalt werde, so Clemms Fazit, außer an Aktionstagen
wie dem 25. November immer noch viel zu wenig Beachtung geschenkt – in den
Medien aber auch in der gesellschaftlichen Debatte. Neben einer
geschlechterneutralen Erziehung müssten sich vor allem auch mehr Männer mit dem
Thema Gewalt und dem ihm zugrundeliegenden Frauen- und Männerbild kritisch
auseinandersetzen.

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